Tipps und Ratschläge für Umweltkranke zur Bewältigung der bürokratischen Seite ihrer Erkrankung  
 

Silvia K. Müller / CSN

Ist man erst einmal durch chronische Erkrankung in die Mühlen der Bürokratie geraten, kann man sehr schnell den Überblick verlieren, wenn Befunde beginnen sich zu häufen.
Ohne die Mithilfe des Patienten ist es den behandelnden Ärzten, Gutachtern, Behörden und Versicherungen kaum möglich eine umfassende Bewertung der Erkrankung zu erzielen, die dem Patienten gerecht wird.

Um bei Begutachtungen und zur Kooperation mit Behörden Erleichterung und Transparenz zu schaffen, haben sich einige Maßnahmen als äußerst hilfreich erwiesen.

Medizinische Berichte
  1. Einen Ordner für die Befunde erstellen
  2. Befunde chronologisch und durchnummeriert abgelegen
  3. Immer eine Kopie der Untersuchungsbefunde, Arztberichte, Klinikberichte, etc. aushändigen lassen. Der Patient hat ein Recht darauf.
  4. Alte Arzt- und Klinikberichte zusammentragen die vielleicht helfen könnten, die Kausalität zu klären.
  5. Falls eine überschaubare Anzahl von Befunden überschritten wird eine Befundaufstellung, (siehe Beispiel). d. h. eine chronologisch angelegte weiterzuführende Zusammenfassung der Befunde erstellen.
  6. Beispiel:

    Kathrin Meyer, Hauptstr. 7, 41489 Ulm, Tel: 08543-7789

    Befundaufstellung:

    1. Dr. Herrmann Nielsen, Neurologen, Umweltmediziner, 30.06.1998, schwere neurologische Schäden, Chemikaliensensibilität, Muskelabbau
    2. Dr. Maria Selner, Radiologie, 14.09.1998 PET hochpathologisch

    Anmerkung:
    Bei Bedarf können alle Befunde der Befundaufstellung, die lediglich zur besseren Übersicht erstellt wurde, komplett angefordert werden.

  7. Nie Originale weitergeben
  8. Die wichtigsten Befunde kopieren, ev. Befundordner in doppelter Ausführung zur Weitergabe an Ärzte oder Gutachter anfertigen. Manchmal sind Begutachtungen kurzfristig angesetzt und man ist von der Situation überwältigt. Deshalb immer im Vorfeld arbeiten.
  9. Bei einem Untersuchungstermin die wichtigsten Befunde an den Arzt weitergeben.
  10. Überschreitet die Anzahl der Befunde die Möglichkeit eines schnellen Überblicks, ist es zu empfehlen einen Ordner mit den wichtigsten Befunden und der Befundaufstellung als Deckblatt mindestens eine Woche vor dem anberaumten Termin an den Arzt zu senden.

Arztbesuche
Viele Umweltkranke haben durch Chemikalieneinwirkung Schädigungen des Gehirns hinnehmen müssen und sind dadurch nicht mehr in der Lage schnell und prägnant ihre Anliegen vorzutragen oder sich Gesagtes zu merken. Einen Arztbesuch entsprechend vorzubereiten hilft daher Arzt und Patient, denn kaum ein Arzt hat noch viel Zeit für den einzelnen Patienten zur Verfügung.

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  10. Stichpunktartig die derzeitigen Beschwerden und besondere Fragen an den Arzt aufschreiben
  11. Tipps, Empfehlungen des Arztes notieren
  12. Ev. Symptomtagebuch anlegen, z. B. bei Chemikalien-, Nahrungs- und Inhalationssensibilitäten, um es dem Arzt zu erleichtern die Ursache zu finden
  13. Neueste Befunde anderer Ärzte in Kopie zur Ablage in die Patientenakte mitbringen
  14. Befundaufstellung in aktueller Form vorlegen

  15. Datenschutz
    Leider ist immer wieder festzustellen, dass selbst intimste Patientendaten ohne vorherige Rückfrage beim Patienten von einer Stelle zu anderen weitergereicht werden. Es ist daher äußerst ratsam an alle involvierten Behörden und Institutionen (BG, Rentenanstalt, Versorgungsamt, Krankenkasse, Sozialamt, MDK, etc.) ein Schreiben bzgl. des Verbotes der Weitergabe der Unterlagen ohne vorherige Zustimmung zu schicken.

    Beispiel:

    Kathrin Meyer
    Hauptstr. 7

    41489 Ulm


    Einschreiben / Rückschein
    BfA
    76854 Berlin

    Datum:xx.xx.xxxx

    Verbot der Weitergabe meiner Unterlagen / Datenschutz

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    hiermit teile ich Ihnen mit, dass meine Akten und Unterlagen nur mit meinem schriftlichen Einverständnis an Dritte weitergegeben, oder zur Einsicht vorgelegt werden dürfen. Dies betrifft auch und insbesondere die Weitergabe an Gutachter.

    Im Falle der Vorlage meiner Akten bei einem Gutachter, möchte ich Sie bitten, mir mit Ihrer jeweiligen schriftlichen Anfrage, Namen, Adresse, fachliche Qualifikation und die berufliche Position vorab mitzuteilen.

    Ich möchte Sie weiterhin bitten, meine Akten ausschließlich in chronologisch nummerierter Form zu führen.

    Bitte bestätigen Sie mir den Erhalt und die Kenntnisnahme dieses Schreibens in schriftlicher Form.

    Für Ihr Verständnis vielen Dank im Voraus.


    Mit freundlichen Grüssen



    Begutachtungen
  16. Wichtigster Punkt überhaupt: Nie ohne Begleitperson zu einem Gutachter gehen.
  17. Vor der Begutachtung in schriftlicher Form die Umweltbedingungen in der Arztpraxis, bzw. Klinik abfragen, falls hypersensible Reaktionen auf Chemikalien auftreten können. (Ev. CSN Fragebogen vorab zum Gutachter schicken).
  18. Gepflegt und in ordentlicher Kleidung erscheinen.
  19. Den Gutachter auf die zu erwartenden gesundheitlichen Probleme und Reaktionen auf minimalsten Chemikalienkontakt hinweisen. Sachlich bleiben.
  20. Darauf hinweisen, dass Provokationstests nicht risikofrei durchgeführt werden können, bzw. der Gutachter sich zuerst mit dem behandelnden Arzt über zu erwartende Risiken und Notfallmaßnahmen spricht.
  21. Kooperativ, freundlich, sachlich, prägnant sein.
  22. Den Gutachter auf bereits erstellten Befunde hinweisen. Falls sie ihm nicht vorliegen, vor der Begutachtung vorlegen.
  23. Falls Photos vom Expositionsort oder von äußerlich sichtbaren, auffälligen Erscheinungen vorliegen, mitbringen.
  24. Den Gutachter darauf hinweisen, in welcher Weise Lebensstil, Ernährung, Wohnumfeld, etc. umgestellt werden mussten.
  25. Den Gutachter darauf hinweisen, was bereits selbst zur Verbesserung der Gesundheit getan wurde (z. B. besondere Behandlungen, Therapien, Diäten, etc.).
  26. Gemeinsam mit der Begleitperson direkt nach der Begutachtung einen Bericht anfertigen. Sollte die Begutachtung nicht korrekt, oder auf diskriminierende Weise abgelaufen sein, umgehend einen Bericht mit Begleitschreiben an die Behörde, Institution, welche die Begutachtung in Auftrag gab, senden.
  27. Das Gutachten nach Erhalt auf Korrektheit durchsehen. Kontrollieren wie viele und welche vorhergehenden Befunde der Gutachter in sein Gutachten einbezogen hat.
  28. Falls das Gutachten die Wahrheit verfälscht, Befunde falsch auslegt, wissenschaftliche Studien falsch zitiert, etc. Widerspruch einlegen. Gegengutachten fordern, bzw. durchführen lassen.

Anmerkung
Umwelterkrankungen sind noch immer wenig erforscht. Es ist daher, auch im Interesse des Patienten selbst, wichtig sich ständig auf dem neuesten Stand zu halten. Internet, Selbsthilfegruppen, Organisationen, umweltmedizinische Kongresse bieten die Möglichkeit sich weiterzubilden, auf dem laufenden zu bleiben und Kontakte zu knüpfen. Die Medizin entwickelt ständig neue Untersuchungsmethoden, die in der Lage sind im eigenen Fall Zusammenhänge, Ursachen und Auswirkungen darzustellen. Je komplexer eine Erkrankung diagnostiziert ist, desto leichter wird es für einen Gutachter sein die Erkrankung in kausalen Zusammenhang zu bringen oder einem Arzt einen adäquaten Therapie- und Behandlungsplan zu erstellen.

 
 
 
 
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