Gefahren durch Weichmacher - Neue Studie beweist den Zusammenhang
zwischen Asthma und Allergien bei Kindern und Phthalaten im Hausstaub
 
 

Silvia K. Müller / CSN

Weichmacher werden nahezu allen Kunststoffen beigemischt, damit diese eine Grundelastizität erlangen, um sie besser verarbeiten zu können. Vor allem als Zusatz in PVC nehmen sie einen hohen Stellenwert ein. Manche PVC's enthalten bis zu 70% Weichmacher. Weich - PVC kommt als Kabel, Bodenbeläge, Kunstleder, Folien, im Tür- und Fensterbau und als Beschichtungen zum Einsatz. Weichmacher dienen auch als Trägersubstanzen für Duftstoffe in Parfums, Deodorants und anderen Körperpflegemitteln. Sie sind Komponenten in Nagellacken, Haarsprays und medizinischen Produkten. Sie werden auch als Formulierungsmittel in Pestizidanwendungen, als industrielle Lösemittel and Schmierstoffe und als Additive in der Textilindustrie verwendet. Bei chronischer Belastung über die Raumluft und damit auch über den Staub im Wohnraum sind als Folgewirkung insbesondere allergische Reaktionen (Sensibilisierung), Immunschwächen und zentralnervöse Effekte zu erwarten.

Die mit ca. 60% am häufigsten eingesetzten Weichmacher stammen aus der Stoffgruppe der Phtalsäurediester, der Phthalate. Sie sind günstig im Vergleich zu anderen Vermittlern und vielseitig einsetzbar. In den meisten Fällen handelt es sich um Di- 2- (ethylhexyl)- phtalat (DEHP), Di- n- Butylphthalat (DBP), Butylbenzylphthalat (BBP) und Diethylphthalat. Für PVC- Produkte wird meist DEHP eingesetzt.

Phthalate stehen unter Verdacht kanzerogen, teratogen und endokrin wirksam zu sein (BUA 1986, 1987, 1993; Gray et al. 2000, Foster 2000, Ema et al. 2001, Kavlock et al. 2002). Es wurden signifikante gentoxische Schädigungen in menschlichen Schleimhautzellen durch DBP nachgewiesen (Kleinsasser et al. 2000, 2001). Während man die Gefahr kanzerogener Wirkungen für den Menschen über eine hepatische Peroxisomenproliferation mehr und mehr relativiert, treten verstärkt entwicklungs- und reproduktionstoxische Effekte bzw. Effekte als "endocrine disruptor" in den Vordergrund der Diskussion.

Weichmacher haben aus toxikologischer Sicht den Nachteil, dass sie sehr langsam ausgasen. Eine Hauptaufnahmequelle stellen Lebensmittelverpackungen dar. Generell gilt, dass Weichmacher hauptsächlich über Lebensmittel (besonders fetthaltige), die Raumluft, den Staub und über kontaminierte Materialien in unseren Körper gelangen. Die Phthalate werden mit dem Blut verteilt und lagern sich insbesondere in Leber, Niere und Fettgewebe ab.

Im Folgenden berichten wir über eine kontrollierte Fallstudie, die von schwedischen Wissenschaftlern durchgeführt wurde und die Gefahren ausgehend von Phthalaten auf die Gesundheit unserer Kinder darlegt.

Die globale Produktion von Phthalaten ist seit dem Zweiten Weltkrieg immer stärker angestiegen. Gegen Endes des Krieges war der Wert recht gering und stieg bis heute um ca. 3,5 Millionen Tonnen pro Jahr an. Das Ziel der schwedischen Studie war es, einen Zusammenhang zwischen den, in den letzten drei Dekaden verstärkt aufgetretenen hartnäckigen Symptomen bei Kindern in Industrieländern und Phthalaten im Hausstaub zu erforschen. Der Staub wurde in den Wohnhäusern der Kinder gesammelt. Für die Studie wurden aus einer Gruppe von 10.852 Kindern, 198 Fälle von Kindern mit ärztlich dokumentierten hartnäckigen allergischen Symptomen und 202 Kinder ohne allergische Symptome als Kontrollgruppe ausgewählt. Ein Team aus Ärzten und Umwelttechnikern untersuchten die Kinder und ihr Umfeld. Es wurden 390 Staubproben in den Schlafzimmern der Kinder, sowie im gleichen Zeitraum Blutproben genommen. Die in den Staubproben gefundenen Konzentrationen von Phthalaten waren gleich mit denen, die von Wissenschaftlern in anderen Studien in den USA, Deutschland, Dänemark und Norwegen gefunden wurden. Verglichen mit anderen Arten von Bodenbelägen im Kinderzimmer, war PVC eindeutig positiv mit dem Fallstatus verbunden. Die Kinder in den belasteten Häusern litten vermehrt unter Allergien, Asthma und Ekzemen.

Die schwedischen Wissenschaftler fanden höhere Durchschnittskonzentrationen von Benzyl- Butylphthalat (BBzP) im Staub unter den Fällen erkrankter Kinder als unter der Kontrollgruppe (0.15 gegenüber 0.12 mg/g Staub). Das Analysieren der Fallgruppe mit Symptome zeigte, dass BBzP mit bei Kindern mit Rhinitis (p = 0.001) und Ekzemen (p = 0.001) verbunden war, während DEHP stärker mit Asthma verbunden war (p = 0.022).

Zusätzlich werden die Dosis- Wirkung Verhältnisse für diese Verbindungen durch allgemeine Trendanalysen gestützt. Die schwedische Studie zeigt, dass Phthalate, innerhalb des Bereiches dessen, was normalerweise in Innenräumen gefunden wird, mit allergischen Symptomen bei den Kindern in Zusammenhang steht. Die Wissenschaftler schlossen daher, dass die unterschiedlichen Symptome für die drei hauptsächlich gefundenen Phthalate, BBzP, DEHP und Di-nbutyl durch eine Kombination der chemischen physikalischen Eigenschaften und des toxikologischen Potentials der Phthalate erklärt werden kann. Da Phthalatbelastung bei Kindern weltweit gegeben ist, haben die Resultate dieser Studie der schwedischen Kinder globale Implikationen.

Phthalatester sind auf nachweisbarem Niveau über der ganzen Erdoberfläche nachweisbar. Sie wurden zuerst in der Außenluft von Städten gefunden und werden daher als globale Umweltverschmutzer anerkannt. Phthalate sind Hauptbestandteile der heutigen Innenraumluft. Ihre Anwesenheit im Freien und in Innenräumen reflektiert ihre große Emissionsrate, verbunden mit gemäßigten atmosphärischen Lebenszeiten. Der globale Gesamtverbrauch der Phthalatester, droht 3.5 Millionen Tonnen/Jahr zu übersteigen. Der Verbrauch von DnBP und BBzP liegt geringer, aber ist immer noch verhältnismäßig hoch (je 100.000 Tonnen/Jahr).

Umfassenden Schutz vor Weichmachern gibt es somit nicht, wir können lediglich im Einzelnen unser Umfeld und unsere Lebens- und Essgewohnheiten so ausrichten, dass wir unsere Aufnahme verringern. Dabei hilft nur ein weitgehender Verzicht auf mit Weichmachern versetzte Kunststoffe, insbesondere "Weich- PVC". Die erfolgversprechendste Methode der Sanierung ist das Entfernen sämtlicher Weichmacherquellen. Hierbei sollte insbesondere an großflächige Quellen gedacht werden, z.B. geschäumte Tapeten, Deckenelemente, Bodenbeläge und Kunststoffmöbel. Ziel einer Sanierung und Umweltkontrolle im persönlichen Lebensraum ist es, die Weichmacher wieder aus dem Umfeld zu entfernen und durch schadstoffarme Materialien zu ersetzen. Ein weiterer erfolgsversprechender Aspekt in der Eliminierung von Weichmachern aus unserem Lebensbereich ist, kunststoffverpackte Nahrungsmittel weitgehend zu vermeiden und Nahrungsmittel in der Vorratshaltung in Gläser, Cellophan und Metalldosen zu verpacken.

Literatur:
Die Studie "The Association Between Asthma and Allergic Symptoms in Children and Phthalates in House Dust: A Nested Case-Control Study" wurde von Carl-Gustaf Bornehag, Jan Sundell, Charles J. Weschler; Torben Sigsgaard; Björn Lundgren; Mikael Hasselgren; Linda Hägerhed-Engman durchgeführt und ist in Environ Health Perspect 112(14):1393-1397, 2004, National Institute of Environmental Health Sciences erschienen. Sie wurde vom Swedish Research Council for Environment, Agricultural Sciences und Spatial Planning (Formas), Swedish Asthma and Allergy Association's Research Foundation, the Swedish Foundation for Health Care Sciences and Allergy Research und European Council of Plasticizers and Intermediates in Auftrag gegeben
 
 
 
 
 
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